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Selenmangel und Frühgeburten

Selenmangel und FrühgeburtenEin internationales Forschungsteam hat kürzlich eine umfangreiche Studie zu einer möglichen Verbindung zwischen mütterlicher DNA, Selenmangel und Frühgeburten abgeschlossen. Frühere Studien hatten gezeigt, dass Frauen mit niedrigem Selenspiegel im Blut ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten aufweisen, und dass Nahrungsergänzungsmittel mit Selen dieses Risiko verringern können. Ein Problem stellen in diesem Zusammenhang der Klimawandel und die Bodenverarmung dar, die das Risiko eines Selenmangels insbesondere in Europa erhöhen können.

Das internationale Team aus Wissenschaftlern führte eine Studie mit mehr als 50.000 dänischen, norwegischen, finnischen und amerikanischen Müttern durch, deren DNA eingehend untersucht wurde. Die Ergebnisse wurden dann vor dem Hintergrund der Schwangerschaftswoche betrachtet, in der das erste Kind der Mütter geboren wurde. Die Forscher entdeckten bei den Frauen, die ihr erstes Kind vorzeitig und vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt brachten, drei Genvarianten. Dem Geschäftsführer Professor Mads Melbye vom Statens Serum Institut (SSI) zufolge ist dies das erste Mal, dass Gene mit Frühgeburten in Verbindung gebracht wurden.

  • Man spricht von einer Frühgeburt, wenn eine Frau ihr Kind vor der 37. Schwangerschaftswoche entbindet
  • Je früher das Kind zur Welt gebracht wird, desto höher ist das Risiko für Komplikationen und Spätfolgen
  • Frühgeburten sind weltweit die Hauptursache für den Tod von Kindern unter fünf Jahren
  • Frühgeburten können durch Tabakkonsum, Diabetes, erhöhten Blutdruck, eine Infektion, zu viel Fruchtwasser, Präeklampsie und erbliche Faktoren verursacht werden
  • Forscher konzentrieren sich nun auf genetische Faktoren und Selenmangel

Bestimmtes Gen kodiert den Selenumsatz

Die Forscher untersuchten insbesondere zwei Gene, WNT4 und EEFSEC, die verschiedene Proteine und Enzyme im Körper kodieren.
WNT4 beeinflusst die Signalisierung des Sexualhormons Östrogen, das während der Schwangerschaft eine Schlüsselrolle inne hat. EEFSEC kodiert ein Enzym, das für den Umsatz des Spurenelements Selen von Bedeutung ist.
Selen ist bereits dafür bekannt, die Funktion verschiedener Selenoproteine zu unterstützen, die für die fötale Entwicklung und Geburt wichtig sind.
Mads Melbye zufolge stellt sich die Frage, ob kleine Veränderungen in diesen beiden Genen das empfindliche Gleichgewicht des sich entwickelnden Fötus zerstören und eine Frühgeburt verursachen. Falls künftige Studien zu diesem Ergebnis kommen, könnten Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel entwickelt werden, die davon inspiriert sind, wie diese beiden Genvarianten sich auf Schwangerschaft und Geburt auswirken, mutmaßt Melbye.

Niedrige Selenwerte im Boden und Frühgeburten

Es ist nicht das erste Mal, dass Selenmängel mit Frühgeburten in Verbindung gebracht werden. Das afrikanische Land Malawi beispielsweise hat die höchste Frühgeburtenrate weltweit. Gleichzeitig herrscht in der Bevölkerung ein weit verbreiteter Selenmangel, da die Böden und die Ernte nur sehr wenig dieses essenziellen Nährstoffs enthalten. Mads Melbye zufolge sei der nächste Schritt, diesen Zusammenhang genauer zu erforschen, und zu untersuchen, ob Frauen aus anderen Ländern, die eine Frühgeburt haben, im Vergleich zu Frauen, die ihr Kind termingerecht entbinden, ebenfalls über wenig Selen im Blut verfügen. In vorhandenen Studien wird dies nahegelegt. Frühere Forschungen haben zudem gezeigt, dass Nahrungsergänzungsmittel mit Selenhefe zu einer risikoärmeren Schwangerschaft und Geburt beitragen können.

Selenmangel erhöht das Risiko eines Blasensprungs und anderer Komplikationen

Bei 10-20 % aller schwangeren Frauen besteht das Risiko einer Frühgeburt aufgrund von eines Blasensprungs. Einer niederländisch-britischen Studie mit 1.000 Frauen in der 12. Schwangerschaftswoche zufolge war das Risiko für eine Frühgeburt bei Frauen mit dem niedrigsten Selenspiegel im Blut doppelt so hoch wie bei Frauen mit einem höheren Selenspiegel. Gleichzeitig wiesen Frauen mit dem niedrigsten Selenspiegel ein höheres Risiko für einen schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck und Präeklampsie auf.

Selenhefe für risikoärmere Schwangerschaft und Geburt

Schwangere, die ab dem ersten Trimester der Schwangerschaft bis zur Geburt täglich ein Nahrungsergänzungsmittel mit 100 μg Selenhefe einnehmen, können das Risiko eines Blasensprungs um ein Drittel senken. Dies hat eine placebokontrollierte Studie gezeigt, die im Journal of Obstetrics and Gynaecology veröffentlicht wurde. In der Studie wurde außerdem deutlich, dass schwangere Frauen, die ein Nahrungsergänzungsmittel mit Selenhefe einnahmen, seltener an Präeklampsie erkrankten. Präeklampsie ist die Hauptursache für Bluthochdruck, Ödeme und Proteinurie (übermäßige Proteinmenge im Urin), und kann zudem zu seltenen, aber potenziell lebensbedrohlichen Zuständen wie Eklampsie führen.

Struktur- und Schutzmechanismen von Selen während der Schwangerschaft

  • Genregulation
  • Durchblutungseigenschaften in der Plazenta
  • Antioxidationsmittel, das Zellen vor oxidativem Stress schützt
  • entzündungshemmende Eigenschaften

Ausreichende Aufnahme von Selen trotz gesunder Ernährung schwierig

Die wichtigsten Quellen für Selen sind Fisch, Schalentiere, Innereien, Eier, Milchprodukte und vor allem Paranüsse. Es kann jedoch selbst mit einer ausgewogenen Ernährung schwierig sein, ausreichend Selen aufzunehmen – sogar bei dem Verzehr großer Mengen an Meeresfrüchten. Eine dänische Studie aus dem Jahr 2015 zeigt, dass der tägliche Verzehr von 200 g Fisch und Schalentieren über sechs Monate nicht ausreichend war. Zudem ist es problematisch, dass Innereien und Fisch (insbesondere Raubfische) Quecksilber enthalten, das dem ungeborenen Kind schaden kann.
Den angeführten Studien zufolge kann die tägliche Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels mit 100 μg organischer Selenhefe für schwangere Frauen und solche, die eine Schwangerschaft planen, von Vorteil sein. Organische Selenhefe enthält eine Vielfalt verschiedener organischer Bestandteile von Selen, die man auch durch eine abwechslungsreiche Ernährung mit vielen verschiedenen Selenquellen zu sich nehmen würde.

Wichtig: Klimawandel und Bodenverarmung erhöhen vor allem in Europa das Risiko eines Selenmangels

Dies wurde in einer aktuellen Studie gezeigt, die von Wissenschaftlern des Swiss Federal Institute of Aquatic Science and Technology durchgeführt wurde. Die Forscher gründen ihre Annahme auf eine Fülle von Untersuchungen des Klimas und der Böden, die deutlich machen, wie verschiedene Arten des Wandels den Selenwert im Boden sogar weiter verringern.

Quellen:

Lasse Foghsgaard. Mysteriet om for tidlig fødsel er kommet nærmere en opklaring. Politiken 07- 09-2017
DR1 Radioavisen 07-09-2017

Hilten T Mistry et al. Selenium in reproductive health. Journal of Obstetrics and Gynaecology. 2011

Fatemeh Tara et al. Selenium Supplementation and the Incidence of Preeclampsia in Pregnant Iranian Women: A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Pilot Trial. Taiwanese Journal of Obstetrics and Gynecology. 2010

Fatemeh Tara et al. Selenium supplementation and premature (pre-labor) rupture of membranes: a randomized double-blind placebo-controlled trial. Journal of Obstetrics and Gynaecology. 2010

Jones GD et al. Selenium deficiency risk predicted to increase under future climate change. Proceedings of the National Academy of Sciences 2017
Editorial team. Selenium deficiency promoted by climate change. ETHzüric 2017

 

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